FOTOS

 

Foto von L.L. aufgenommen 1976 in London, Carneby Street.

 

Yesterday

 

Dieses Bild wurde 1977 von mir in der bekannten Carnaby Street fotografiert. Mit irgendeinem Fotoapparat in dem noch ein Film schlummerte. Nun habe ich dieses Foto wieder gefunden und ich weiß, irgendwo habe ich noch das Negativ. Damals 1977 gab es auch schon Armut doch sie war nicht so offensichtlich wie heute. Wenn ich überlege wie lange dies alles schon her ist. Was ist mit diesem Mann danach passiert, wie ist sein weiteres Leben verlaufen, was hat ihn dazu gebracht? Inne minne miste, er sitzt in der Kiste. Ich denke er wird schon verstorben sein und ich möchte hiermit auch klarstellen das ich ihn hier in keinster Weise irgendwie diskriminieren will. Ich denke ich war auch damals schon etwas betroffen, sonst hätte ich ihn nicht fotografiert doch in den jungen Jahren vergisst man schnell. Damals war ich mit meinen Freunden in England, siehe die Geschichte England und wir hatten so viele Eindrücke zu erfassen. Aber in Deutschland dann habe ich nach der Entwicklung der Bilder auch dieses Bild wieder gesehen. Dann gab es ein Fotowettbewerb, eine Zigaretten - Firma hatte aufgerufen Bilder die man selber aufgenommen hat einzusenden. Es war die Marke John-Players-Spezial. Also ich habe dieses Bild eingeschickt und was soll ich sagen, ich bekam auch einen kleinen Preis, Einen, für die damalige Zeit gerade mal aus James Bond Filme bekannte, super flachen Fotokamera. Habe mich natürlich gefreut, aber es nicht so ernst genommen. Irgendwann sagte mir dann ein Freund, das Bild kannte er, er hat es mal irgendwo in einer Zeitung gesehen. Ok, dafür konnte ich mir aber nichts kaufen. Nun habe ich es vor einigen Tagen wieder in einen meiner Umzugskartons gefunden. Heute, nach so vielen Jahren muss ich sagen bewegt mich das Bild auf eigentümlicher Weise. Ja, man ist schnell mit Worten wie Penner etc. Doch dieses Bild hat was Echtes und authentisches, man spürt die Verzweiflung und die Ausweglosigkeit und die Hoffnung auf ein Vergessen zumindest für kurze Zeit. Letztens bin ich in der Freiburger Innenstadt umhergezogen und im Umkreis von 600 m habe ich sieben, 7, Menschen gezählt die um Almosen gebeten haben. Aber keiner hat mich irgendwie innerlich angesprochen, nein, ich bin bestimmt nicht abgestumpft. Doch wenn ich an Berlin denke, wo sogar das Betteln organisiert ist, es ist so, dann denke ich hat mein Bild eine noch andere Bedeutung. Ja, heute ist Betteln zu einem Problem geworden. Verkäufer von Straßenzeitungen sind unterwegs, Menschen aus Osteuropa sieht man als Straßenmusikanten und dann die jungen Frauen mit den Kleinkindern. Manche, eine Freundin hat es live erlebt, legen keinen Wert auf Sachspenden, sie wollen nur Geld. Da ist man dann doch etwas überrascht. Meine Meinung ist, Betteln wird langsam auch ein Wirtschaftszweig und man muss schon von einem organisierten Verbrechen sprechen. Manche Städte greifen hier zu drastischen Maßnahmen und lassen diese Menschen wegschaffen, denn man will ja nicht vor seinem Juweliergeschäft einen Bettler sitzen haben. Doch ich denke es wird noch schlimmer kommen und unsere Gesellschaft muss sich Lösungen überlegen, denn auf unsere Politiker ist kein Verlass. Sie entfernen sich immer mehr von den Bürgern oder vom Volk, das sie eigentlich vertreten sollten. Wir brauchen ein vereinigtes Europa, jedoch so, dass jedes Land seine individuellen Eigenarten weiterführen kann. Ein Europa, wo die wirklich Schwachen unterstützt werden.Dies bedeutet natürlich auch feste Regeln und wie auch in  der Erziehung von Kindern, feste Grenzen. Wie im wirklichen Leben kann man nur Kredite bekommen die man auch zurück zahlen kann, was jeder alte Kaufmann sich auf seine Fahnen geschrieben hat. Aber die Politik handelt nach eigenen, oft nicht nachvollziehbaren Gesichtspunkten. Ein Gutes hat es, ein Politiker wird bestimmt nicht in einem Karton irgendwann, irgendwo so zu fotografieren sein. Denn er denkt zuerst an sich……

 

Es sind nicht die besten Bauern, die sich zum Bürgermeister wählen lassen - die haben nämlich keine Zeit dafür.
Kurt Tucholsky (1890-1935), deutscher Schriftsteller